Skip to main content

Frist und Verjährung

Verjährungsfrist: Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich 3 Jahre, § 195 BGB und beginnt nach § 199 Absatz 1 BGB mit dem Schluss des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist. Sind jedoch beim Patienten Schadensersatzansprüche betroffen, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen – was beim Vorliegen eines Behandlungsfehler regelmäßig der Fall ist – verjähren diese Schadensersatzansprüche ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis erst nach 30 Jahren, siehe § 199 Absatz 2 BGB. Verjährungsbeginn: Nach § 199 Absatz 1 BGB beginnt die Frist mit Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstand und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Tatsachen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Die Kenntnis des Patienten ist nicht schon dann gegeben, wenn er glaubt, der Arzt habe möglicherweise einen Behandlungsfehler begangen.

Der Bundesgerichtshof beschreibt es so:

Eine ausreichende Kenntnis des Patienten, die ein ärztliches Fehlverhalten nahe legen, setzt von daher die Kenntnis der wesentlichen Umstände des Behandlungsverlaufes, insbesondere auch etwaiger anatomischer Besonderheiten, eines vom Standard abweichenden ärztlichen Vorgehens, des Eintritts von Komplikationen und der zu ihrer Beherrschung ergriffenen Maßnahmen voraus (vgl. BGH, Urt. v. 20.9.1983 – VI ZR 35/82, NJW 1984, S. 661.).

Im Grunde genommen muss der Patient daher nahezu alle Umstände seiner Behandlung sowie der vom Arzt ergriffenen bzw. unterlassenen und gebotenen Maßnahmen kennen. Dies ist regelmäßig erst dann der Fall, wenn der Patient einen im Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwalt aufgesucht hat, der ihm nach Studium der Dokumentationsunterlagen erklären kann, worin in dem Verhalten des Arztes ein Behandlungsfehler zu sehen ist. Erst dann also wird der Patient regelmäßig Kenntnis haben. Der Bundesgerichtshof geht sogar davon aus, dass der Patient erst nach Erstellung eines Gutachens durch einen Gutachter die notwendige Kenntnis haben wird (vgl. BGH, Urt. v. 23.4.1991 – VI ZR 161/90, NJW 1991, S. 2350, 2351.).
absolute Verjährung: Die Ansprüche verjähren unabhängig von der Kenntnis nach 30 Jahren, § 199 Abs. 2 BGB, sofern es sich um Schadensersatzansprüche handelt, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit beruhen, was bei Ansprüche im Medizinrecht regelmäßig der Fall ist. Andernfalls verjähren Sie nach 10 Jahren, § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB.

Hemmung der Verjährung: Schweben zwischen den Parteien, also dem Patienten und dem Arzt bzw. seiner Haftpflichtversicherung, Verhandlungen, so wird die Verjährung dadurch nach § 203 BGB solange gehemmt, bis eine Partei die Verhandlung abbricht. Durch einen so genannten Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede, kann die Verjährung nach § 202 Abs. 2 BGB weiter gehemmt werden, wenn also die Haftpflichtversicherung erklärt, sie werde sich bis zu einem bestimmten Zeitraum nicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede berufen.

Ein Beispiel:

Bei einem Patienten wurde am 20. Dezember 2008 ein schwerer Behandlungsfehler begangen. Sein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld ist damit am 20. Dezember 2008 entstanden. Die Verjährungsfrist beginnt aber erst am Schluss des Jahres zu laufen, also am 01.01.2009. Damit läuft die Verjährungfrist grundsätzlich 3 Jahre später am 31.12.2011 ab.

Der Patient hat aber erstmals im Januar 2009 von einer Krankenschwester erfahren, dass der behandelnde Arzt möglicherweise einen Behandlungsfehler begangen haben könnte und dass der Patient ruhig einmal einen versierten Anwalt aufsuchen solle. Der Patient geht deshalb im Juli 2009 zu einem Anwalt. Er leidet noch immer unter den Folgen der fehlerhaften Behandlung und möchte vom Anwalt nun gerne wissen, ob ein Behandlungsfehler vorliegt oder nicht. Der Anwalt fordert die Behandlungsunterlagen an und prüft diese eingehend. Anschließend bejaht er im August 2009 erstmals einen Behandlungsfehler. Der Patient hatte erst jetzt Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, so dass die Verjährungsfrist für ihn erst mit Ende des Jahres 2009, also am 01.01.2010 zu laufen begann. Die Verjährungsfrist läuft daher für diesen Patienten erst am 31.12.2012 ab und er kann daher seine Ansprüche noch geltend machen. Um die Verjährungsfrist vor Ablauf des Jahres zu unterbrechen, muss aber eine Klage eingereicht werden. Der Lauf der Verjährungsfrist wird damit quasi gestoppt.